Fotos: Hetzler und Antje Feldmann
Kennzeichen:
Die mittelrahmigen Rinder sind rotbraun gefärbt; weiße Flecken am Euter und am Bauch kommen bei hohem Anteil von altem Angler-Blut manchmal vor. Einige Linien haben schwarze Masken und schwarze Beine. Die Kühe haben ein Lebendgewicht von 450 - 650 kg bei einem Stockmaß von 1,26 - 1,42 m. Im Vergleich zu den heute dominierenden Schwarz- und Rotbunten (Holstein-Friesians) sind die Angler klein und zierlich. Ihr edler und trockener Körperbau ist ein altes Rassemerkmal und weist darauf hin, dass sie von Beginn an als Milchkühe gezüchtet wurden.
Verbreitung:
Norddeutschland, vor allem Halbinsel Angeln an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins. Wurde in viele andere Rassen eingekreuzt (Rotes Höhenvieh, Gelbvieh (Frankenvieh), Glanvieh sowie in Rinder Osteuropas), wobei die ursprünglichen Populationen zum Teil nahezu verdrängt wurden.
Herkunft:
Das traditionelle Zuchtgebiet des Angler Rindes ist die Halbinsel Angeln an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins. Schon 1837 wurde der „Landwirtschaftliche Verein an der Schlei“ gegründet, innerhalb dessen zum ersten Mal eine gezielte züchterische Arbeit mit den bereits im 17.Jahrhundert schriftlich erwähnten Angler Rindern stattfand. 1879 gründete sich der „Allgemeine Angler Viehzuchtverein” in Süderbrarup und legte eines der ersten deutschen Herdbücher an. An der für die damalige Zeit revolutionären Reinzucht wurde viele Jahrzehnte lang festgehalten, wodurch die Einzigartigkeit dieser Rasse entscheidend geprägt wurde. Als erster Zuchtverband in Deutschland hatten die Angler Züchter eine eigene Besamungsstation und bauten eine systematische Bullenleistungsprüfung und –selektion auf. Sowohl die Leistung, als auch die Größe wurden kontinuierlich und erfolgreich erhöht, sodass die Rasse zunehmend an Bedeutung gewann. Im Jahr 1936 zählte man in Schleswig-Holstein bereits über 80.000 Angler Rinder, was 94% des damaligen Gesamtbestandes entsprach.Von Beginn an gab es Verkäufe von Zuchttieren in viele andere Regionen Deutschlands und Exporte in fast die ganze Welt, d. h. eine erfolgreiche Demonstration der Anpassungsfähigkeit der Angler. Schon im 19. Jahrhundert wurden Färsen, Kühe und Bullen nach Dänemark, Russland, in südamerikanische und afrikanische Länder, in die Türkei, nach Polen usw. verkauft. Insbesondere für Länder, in denen eine intensive Milchkuhhaltung nicht möglich war, waren die Angler mit ihrem mittleren Rahmen sowie ihrer sehr guten Grundfutterleistung oft die Kühe der Wahl. Lange war die Reinzucht der Rasse oberstes Zuchtziel, bis im Zuge der Intensivierung die Anforderungen an die Milchleistung erheblich anstiegen. Seit den 1980er Jahren wurden fortan verschiedenste genetische Kombinationen erprobt und Bullen der Rassen Holstein, Braunvieh/Brown Swiss sowie weiteren Rassen insbesondere aus dem skandinavischen Raum eingesetzt. Die heutige Angler Rasse moderner Zuchtrichtung kann daher als Kombinationszucht angesehen werden, die sich den ständig wechselnden Marktanforderungen angepasst hat. Das Angler Rind (alter Zuchtrichtung), also Tiere die weitgehend frei von den in den 1980er Jahren durchgeführten Einkreuzungen sind, ist daher heute extrem vom Aussterben bedroht.
Eigenschaften/Leistung:
Die Eckpunkte der Zuchtarbeit blieben über 110 Jahre lang gleich: Das Angler Rind ist milchbetontes Zweinutzungsrind mittleren Rahmens, das – gemessen an der Körpergröße – höchste Milchleistungen bei hohen Inhaltsstoffen (Fett und Eiweiß) und ohne (hohe) Kraftfuttergaben erbringt. Darüber hinaus ist es frühreif, langlebig und zeichnet sich durch harte Klauen und korrekte Fundamente aus. Eine weitere rassetypische Eigenschaft ist die enorme Anpassungsfähigkeit an extreme Klimabedingungen, wodurch sie weltweit stark nachgefragt waren. Im Gegensatz zu vielen anderen Rinderassen, insbesondere auch den anderen roten Rinderrassen in Deutschland, spielten die Mastleistung und vor allem die Arbeitsleistung als Zugtiere bei den Anglern nie eine bedeutende Rolle. Das kurzfaserige, zarte Fleisch zeichnet sich durch einen geringen Bindegewebsanteil und ein gutes Safthaltevermögen aus. Es lagert verhältnismäßig viel Fett intramuskulär ab, was das Fleisch sehr wohlschmeckend macht.
Besonderheiten:
Die edlen, wachen und temperamentvollen Tiere werden auch als „Araber unter den Kühen“ bezeichnet. Molekularbiologische Untersuchungen bestätigen, dass das Angler Rind alter Zuchtrichtung eine genetische Besonderheit darstellt, das wenig verwandt mit den übrigen geläufigen Rinderrassen ist und viele einzigartige Gene und Genkombinationen in diesen Tieren kaum bekannt sind. Sie eignen sich hervorragend für den ökologischen Landbau, da die Verwertung des Grundfutters ca. 15% höher liegt als bei anderen Rassen. Die Zucht zielt besonders auf das gute Funktionieren der Regelprozesse im Körper ab, d.h. das Vermögen der Kühe auf Futterveränderung mit Änderung der Milchleistung zu reagieren ohne ihren Gesundheitszustand negativ zu beeinträchtigen. Die Milch der Angler Kühe alter Zuchtrichtung weist einen hohen Anteil an Fett (4,5 - 6%) und an Eiweiß (3,2 - 4%) auf. Im Eiweiß finden sich Kappa-Kasein-Genotypen der Varianten AB und BB in besonders hohem Maße, die eine deutliche Verbesserung der Verkäsungseigenschaften mit sich bringen.
Aktuelle Situation:
Im Mai 2000 wurde in Angeln der Förderverein des Angler Rindes alter Zuchtrichtung gegründet, der sich zum Ziel setzte, bundesweit alle Kühe ausfindig zu machen, die mit mindestens 62,5% alter Blutführung zu den Anglern alter Zuchtrichtung zählen, Spermavorräte für die Nachzucht weiterzugeben und Öffentlichkeitsarbeit zum Erhalt dieser Rasse auszuführen. Von 2007 bis 2012 ruhte die Arbeit des Fördervereins, bis 2012 ein neuer Vorstand den Verein zu neuem Leben erweckte. Nun findet jedes Jahr im Rahmen des Züchtertreffens auch die Mitgliederversammlung des Fördervereins statt. Im Jahr 2023 gab es in Deutschland 13 Bullen und 340 Kühe der Angler alter Zuchtrichtung. Damit ist die Rasse laut Roter Liste der GEH extrem gefährdet (Kategorie I).
Kontakt
Weiterführende Informationen:
Das Angler Rind (aus: Gefährdete Rinderrassen, GEH, 2016)
Rotvieh alter Angler Zuchtrichtung (Zentrale Dokumentation Tiergenetischer Ressourcen in Deutschland)
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