(Fotos: Antje Feldmann)
Die Aylesburyente wird in der Literatur durchweg als älteste, konsequent gezüchtete Entenrasse erwähnt, die all die Jahre auch immer auf Schauen vertreten war. Das Besondere ist, dass es diese Ente zu allen Zeiten als "Wirtschaftstyp" und als "Ausstellungstyp" gegeben hat. Heute spielt die Aylesburyente in der Wirtschaftsgeflügelzucht keine Rolle mehr und ist weltweit auch im Ausstellungstyp stark gefährdet.
Kennzeichen und Besonderheiten:
Der Geflügelstandard fordert für die Aylesburyente: Eine sehr massige, breite, jedoch nicht plump erscheinende, in allen Körperteilen fein gegliederte Ente mit waagerechter Haltung. Viel Wert ist auf eine gute Kielausbildung zu legen. Wichtig ist ein reinweißes Gefieder. Auffälliges Merkmal ist auch der lange Kopf mit langem, rosafarbigen Schnabel. Für den Erpel wird ein Gewicht von 3,5 kg gewünscht, für die Ente 3,0 kg. Grob fehlerhaft sind Tiere mit zu geringer Größe, zu wenig Rumpftiefe und schlechter Kielbildung. Abgelehnt werden Tiere mit gelblicher Gefiederfarbe und gelbem Schnabel.
So viel zur Theorie. In der Praxis wird man auf Schauen kaum ein Tier in dem gewünschten Gewichtsspektrum finden. Üblich sind dort Gewichte bei ausgewachsenen Erpeln zwischen 4,5 und 5,5 kg und bei weiblichen Tieren zwischen 4,0 und 5,0 kg. In der Literatur Ende des 19. Jh. wird das Gewicht der Ente mit ca. 4 kg und das des Erpels mit 4,5 bis 5 kg angegeben.
Während beim Wirtschaftstyp der Aylesburyente keine Kielbildung erwünscht war und ist, hat sich die Rassegeflügelzucht ganz besonders auf dieses Merkmal konzentriert. Es werden zum Teil Tiere ausgestellt, die mit dem Kiel fast Bodenberührung haben.
In alter Literatur kann man auch lesen, dass die Aylesburyente früher eine gute Brüterin und Mutter war. Das kommt heute so gut wie gar nicht mehr vor, die Küken der Aylesburyente schlüpfen in der Regel im Kunstbrüter.
Da es sich bei der Aylesburyente primär um eine Selektionsrasse handelt, besitzt sie mit hoher Wahrscheinlichkeit genetische Eigenschaften, die sie für Kreuzungszuchten sehr wertvoll macht.
Herkunft und Verbreitung:
Die Aylesburyente wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts in England aus der weißen englischen Landente erzüchtet. Der züchterische Schwerpunkt lag in der Grafschaft Buckinghamshire, rund um das Städtchen Aylesbury herum, das ca. 55 km nordwestlich von London liegt. Die jungen Mastenten wurden im Alter von acht Wochen mit einem Gewicht von 5 - 6 Pfund im Frühjahr als sogenannte "grüne Enten" mit großem Erfolg auf den Londoner Märkten verkauft.
Als Mitte des 19. Jh. die Mastentenzucht in den USA und Europa zunahm, gelangten die ersten Tiere auch nach Deutschland, verbreiteten sich sehr rasch und wurden zur beliebtesten und bekanntesten Rasse. Doch die Begeisterung hielt nicht sehr lange an. Bereits zwischen 1870 und 1880 bekam die Aylesburyente durch die Pekingente zunehmende Konkurrenz. Obwohl zu dieser Zeit noch immer als feinste Tafelente bezeichnet, wurde sie gegen Ende des 19. Jh. als Wirtschaftsrasse von dieser auf den zweiten Platz verdrängt. Das ist um so überraschender, weil der Aylesburyente damals zusätzlich zur feinen Fleischqualität auch gute Haltungseigenschaften nachgesagt wurden. Sie galt als äußerst wetterfest, schnellwüchsig und frühreif, und eine Zeit lang sogar als zuverlässige Brüterin. Insgesamt hatte die Aylesburyente gegenüber ihrer Rivalin, der Pekingente, also keine Nachteile. Im Gegenteil, die äußerst erfolgreiche Pekingente amerikanischer Zuchtrichtung ist wahrscheinlich durch massive Einkreuzungen von Aylesbury-Blut entstanden.
Eigenschaften und Leistung:
Die Aylesburyente im Wirtschaftstyp liefert hervorragendes Fleisch und ist durch ihr hohes Gewicht, das sie bereits nach kurzer Zeit erreicht, für den Nebenerwerb sehr interessant. Das reinweiße Gefieder und die weiße Haut ergeben einen sehr appetitlichen und gut verkäuflichen Schlachtkörper. Doch diese Ausprägung der Aylesburyente ist in Deutschland mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr vorhanden.
Wer sich für die Ente dennoch unter wirtschaftlichen Aspekten interessiert, ist für den Erwerb auf die wenigen noch vorhandenen Rassegeflügelzüchter angewiesen. Bei diesen Züchtern stehen wirtschaftlich relevante Leistungsmerkmale bekanntlich erst an zweiter Stelle, d.h. man erhält dort Tiere, die zwar perfekt dem "Deutschen Geflügel Standard" entsprechen, aber in der Regel nicht den Erwartungen eines Archehof-Betreibers. Die meisten Alttiere sind viel zu fett und schleifen den Kiel, eines der wichtigsten Rassemerkmale im Geflügel-Standard, allzu häufig durch den Dreck. Es ist also ratsam beim Kauf auf Tiere mit geringerer Kielbildung zu achten bzw. später darauf zu selektieren. (Die Rassegeflügelzüchter geben solche Tiere in der Regel zu günstigen Preisen ab, da sie für Ausstellungen nicht geeignet sind).
Um eine ordentliche Befruchtungsrate der Eier zu erreichen, sollte der Zuchtstamm nicht größer als 1,2 und die Tiere nicht zu fett sein. Für den Tretakt benötigen die Enten eine flache Wasserstelle.
Für den wirtschaftlichen Einsatz ist die Aylesburyente im Ausstellungstyp zwar nicht sehr geeignet, stellt aber ganz sicher eine Herausforderung an engagierte Züchter dar, die daran interessiert sind, den Wirtschaftstyp wieder herauszuzüchten.
Bestand:
Im Jahr 2016 wurden 41 Erpel und 81 Enten erfasst.
Gefährdungsgrad:
Die Aylesburyente spielt heute in der Wirtschaftsgeflügelzucht überhaupt keine Rolle mehr und ist auch als Ausstellungstyp stark gefährdet. In U.K. gibt es noch ein oder zwei Betriebe, die den Wirtschaftstyp der Ente für die gehobene Gastronomie züchten. In der Rassegeflügelzucht steht die Ente sowohl im Stammland England als auch in den USA, wo sie zeitweilig eine sehr große Verbreitung hatte, auf den Roten Listen.
Die Aylesburyente ist als extrem gefährdet (Kategorie I) in die Rote Liste der GEH aufgenommen worden; hier gibt es z.Zt. nur noch acht bekannte Züchter. Auf Ausstellungen ist die Ente kaum noch zu sehen.
Kontakt
Weiterführende Informationen:
Aylesburyente (Zentrale Dokumentation Tiergenetischer Ressourcen in Deutschland)
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