Der Hintergrund

Nun ist es schon fast 20 Jahre her, dass sich einige wenige engagierte, und zu dieser Zeit oft belächelte, Landwirte und Tierzüchter unserer alten Haustierrassen annahmen, und ihnen auf ihren Höfen ein Überleben ermöglichten. Viele Diskussionen sind seit dieser Zeit geführt worden. Sowohl die tierzüchterische Notwendigkeit hinsichtlich der Sicherung einer genügend großen genetischen Diversität, als auch das Wissen um die Bedeutung heutzutage nicht "marktfähiger Genetik" für künftige Anforderungen an Ernährung und Landwirtschaft boten immer wieder ausreichend Gesprächsstoff. Aber auch der kulturhistorische Hintergrund geriet dabei nie in Vergessenheit. So kontrovers die Meinungen und Stellungnahmen auch manchmal waren; unter einem gemeinsamen Punkt fanden alle Züchter und Halter immer wieder in Eintracht zusammen. Alle hatten das Ziel ihre "Rasse" zu erhalten. Das Festhalten am Ziel der Erhaltung einer "Rasse", nämlich "ihrer Rasse"  hat immer alle Beteiligen sehr stark zusammengeschworen.

Doch worin, und wie unterscheiden sich Rassen eigentlich voneinander, was ist es eigentlich was so charakterisierend an einer Rasse ist? Dazu ist es notwendig, sich einmal diesen Begriff "Rasse" genauer deutlich zu machen. Im Vergleich zur Haustierhaltung insgesamt, ist die Entwicklung von Rassen vergleichsweise noch recht jung. Erst vor maximal 200 Jahren wurde der Tierhaltung und -züchtung gesteigertes Interesse derart zuteil, dass man begann, Tiere von gleichartigem Aussehen und ähnlicher Leistung zu beschreiben. Dieser noch sehr stark von Formalismus geprägte Ansatz führte somit zu einer Art erster Katalogisierung und damit Benennung von Rassen. Im Zuge bildeten sich erste Zusammenschlüsse von Tierhaltern und Züchtern, die diese Gedanken und Beschreibungen weiter aufgriffen und ihre Tiere erstmals in "Herdbüchern" zusammenfassten und diesem bzw. den dort eingetragenen Tieren eine Bezeichnung vergaben - eine Rasse war geschaffen.

Die Geschichte der Tierzucht seit dieser Zeit war nun sehr wechselvoll, viele Rassen entstanden, viele verschwanden, wurden durch Einkreuzung verdrängt und eine jede unterlag der Dynamik der an sie gestellten wechselnden Ansprüche. Eine einmal zwar definierte und benannte Rasse blieb zwar ihrem Namen nach gleich, veränderte sich aber mit jeder Generation. Also änderte sich auch die "genetische Zusammensetzung" einer Rasse durch Migration, Drift und Selektion.

Inwieweit Rassen und Schläge sich nun entwickelt haben, inwieweit sie sich genetisch voneinander entfernt haben, war objektiv bisher nur sehr schwer bestimmbar. Meistens wurde genealogische Nähe oder Ferne bisher aufgrund historischer Kenntnisse, wie z.B. dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet einer Rasse, dem Austausch von Zuchttieren aus und in Regionen, oder ähnlichen geografischen manchmal auch oft eher zufälligen historischen Begebenheiten, erklärt. Nur selten war es möglich solche genealogischen Entwicklungen anhand einer dokumentierten Herdbuchführung zu rekonstruieren. Allerdings liegen solche Unterlagen oft nur für einen recht kurzen zurückliegenden Zeitraum vor, sodass diese für genealogische Untersuchungen meist nicht besonders brauchbar sind.

Eine erste Möglichkeit, die Verwandtschaft von Rassen auf eine wissenschaftlich sicherere Basis zu stellen wurde für den Bereich der Geschichte und Herkunft unserer Rinder bereits vor über 30 Jahren von Prof. Pirchner erfolgreich angewendet. Seine Vorgehensweise nutzt die große Variation an Blutgruppen und unterschiedlichen Faktoren unserer Rinder. Da Blutgruppen, bzw. ihre Ausprägung, eine ausschließlich genetische Ursache haben, konnte er über die Häufigkeiten von Blutgruppen innerhalb untersuchter Rassen erstmals exaktere und umfangreichere Genealogien unserer Rinderrassen darstellen.

Im Zuge fortschreitender Erkenntnisse auf dem Gebiet der Molekularbiologie (Mikrosatellitentechnik) und -genetik konnten sich in jüngerer Zeit einige neue Verfahren etablieren, mit denen es möglich ist, genetische Informationen zu lesen. Das Erkennen und Dokumentieren biochemischer und molekularer Strukturen erlaubt zwar keine qualitativen Aussagen zur Genetik, gleichwohl können auf der Basis des Vergleiches der Häufigkeiten von molekulargenetischen Strukturen gesicherte statistische Auswertungen und Aussagen hinsichtlich der Zuordnung bzw. Differenzierung von Einzeltieren oder Rassen gemacht werden.

 


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