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Schwerpunkt - Pferde


Das Schwarzwälder Kaltblutpferd


Wolf Brodauf, Donaueschingen

Das Schwarzwälder Kaltblutpferd

Das Schwarzwälder Kaltblutpferd gehört zu der Gruppe der Zugpferde, die im deutschsprachigen Raum als Kaltblutpferde bezeichnet werden im Gegensatz zu den feurigen, heißblütigen Vollblütern und ihren Abkömmlingen, den Halb- oder Warmblütern. Allerdings war der Schwarzwälder nie ein reines Zugpferd, sondern hatte immer verschiedenste Zug- und Transportaufgaben auf den Höfen, im Wald- und im Fuhrgewerbe.

Entstehung der Rasse

Am Josefstag, dem 19. März 1996, werden die Züchter des Schwarzwälder Kaltblutpferdes das 100-jährige Bestehen der organisierten Pferdezucht im Schwarzwald feiern. 1896 gründeten die interessierten Züchter in St. Märgen die Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft, um dem Wunsch nach Pferden mit Abstammungsnachweisen gerecht zu werden. Immerhin lag in dieser Zeit ein Streit an zwischen den Befürwortern größerer Pferde und den Vertretern der angestammten, gewichtsmäßig leichteren Pferde, den gängigen, robusten Schwarzwälder Pferden. Und diese rein bäuerliche Zucht hatte schon eine lange Tradition, auch wenn sie nicht „gelenkt" bezeichnet werden kann.

Das Zuchtgebiet war der Schwarzwald zwischen Kinzigtal und nördlichem Hotzenwald, hauptsächlich die Gebiete der Klöster St. Märgen und St. Peter. Von diesen Klöstern sind auch die ersten Aufschriebe über eine eigenständige Pferdezucht im Schwarzwald erhalten. Sollte doch nach dem „Dingrodel", der Zehnt- und Lehensordnung des Klosters St. Peter von 1400 ein Fohlenbesitzer 4 Pfennige Zehnten zahlen. Auch aus den „Fahlregistern" (Viehregistern) und Hofübergabeverträgen, vorliegend vom 14. bis 17. Jahrhundert, geht hervor, daß Pferde sogar überwiegend zum Reiten gehalten worden sind. Reiten war das standesgemäße Fortbewegungsmittel der Bauern!

Wenn auch nicht per Dekret, so nahmen die Klöster doch durch Pferdezukäufe Einfluß auf die Zucht. Auch die verschiedenen mit Pferden zu leistenden Frohndienste forderten Pferdezucht und förderten sie. Aber zweifellos brachten die in den häufigen Kriegen erduldeten Heeresdurchzüge die größten Einflüsse auf die Zucht mit sich. Spanische, französische, kroatische, ja selbst russische Regimenter waren in den verschiedenen Kriegen durchs Land gezogen und hinterließen auch so manches Pferd.

Geschaut wurde wohl weniger auf die Herkunft der Pferde, entscheidend war deren Können. Und so entwickelten sich die Steilstrecken der Schwarzwaldstraße zu Hengstprüfstrecken. Die Besten im Zug wurden auch für die Zucht begehrt. So entwickelte sich ein hartes, vielseitiges und leistungsfähiges Bauernpferd, das aber nicht „schön" sein mußte. Im Hochschwarzwald standen 1870 nur selbstgezogene Hengste. In solche zweckgebundene Zucht platzte das Körgesetz vom 9.4.1880, das verlangte, daß Fremdstuten nur noch von gekörten Hengsten bedeckt werden durften. Die aufkommende Mechanisierung verlangte nach schwereren Zugpferden, also wurden schwerere Körhengste aufgestellt. Den ganzen Unmut der Wälderzüchter über die Umstellung der Zucht auf schwere Kaltblüter durch die „papierene Landwirtschaft" faßte später Anton Straub (*1865, +1955), Bauer, Wirt und Bürgermeister in Langenordnach im Hochschwarzwald rückblickend zusammen:"Diese schweren Pferde gediehen ohne Hafer oder sonst gutes Futter nicht und Pflege nicht. Sie waren recht als Zugtiere auf ebenen Landstraßen; aber auf einem Hof mit weichen Matten und steilen Wegen eignet sich ein solch schweres Pferd so wenig wie ein 250 Pfund schwerer Mann als Landbriefträger im Schwarzwald."

Seit Beginn der organisierten Stutbuchzucht nun wissen wir, woher die Schwarzwälder Pferde gekommen sind. Der vor 1900 aufgezeichnete Stutenbestand stammte zu 52% aus dem Schwarzwald mit den Hauptorten St. Märgen, St. Peter und Breitnau, zu ca. 33% aus dem Elsaß, aber auch aus Unterbaden, Rheinland, Belgien, aus den Ardennen oder der Normandie, sofern die Herkunft bekannt war. Auf diesem Bestand aufbauend wurden nach 1896 neben eigenen Hengsten 107 fremdrassige Hengste aus verschiedenen Kaltblutzuchten eingesetzt, so Noriker aus Bayern und Österrreich (41), Ardenner (22), Unterbadische (18), 14 Rheinisch-Deutsche und Belgier verschiedener Gebiete. Mit ihnen wurden 124 Nachzuchthengste erstellt. Aus der Vielzahl der eingesetzten Hengste existieren heute noch vier Hengstlinien: Es ist die Nachzucht des Rheinischen Hengstes „Deutschritter" B 36, geb. 1926, des Norikers „Milan" B 41, geb. 1927, des Norikers „Reith-Nero", geb. 1952, und des Norikers „Wirts-Diamant" geb. 1968.

Die Größenverhältnisse in der Schwarzwälder Kaltblutzucht haben sich laufend verschoben. So waren die Stuten vor 1900 geboren im Durchschnitt leicht über 156 cm Widerristhöhe groß, dabei hochbeinig und mit wenig Tiefe. Zwischen den Kriegen wurden sie mit 157 cm noch größer, aber auch unterschiedlicher mit einer gesamten Variation von 146 bis 170 cm. Heute messen die Stuten ca. 153 cm. Festgestellt werden konnte aber, daß die Stuten in der Brusttiefe zugenommen haben. Trotz niedriger Widerristhöhe liegen sie bei ca. 200 cm Brustumschlag im Durchschnitt und damit über 8 cm mehr als bei den Stuten vor dem zweiten Weltkrieg. Die Kurzbeinigkeit bei den rumpfigen Stuten wurde auf die starke Inzucht auf nur zwei Hengstlinien in der letzten Zuchtperiode zurückgeführt.

Obwohl schon vor 1900 von den „St. Märgener Schweißfüchsen" gesprochen worden war, gab es keine einheitliche Färbung bei den Schwarzwälder Kaltblutpferden. Die ersten eingetragenen 200 Kaltblutstuten verzeichnen zu 44% Füchse, zu 37% Braune, zu 13% Rappen, zu 6% Schimmel. Die Pferde zwischen 1924 und 1935 geboren beinhalten schon zu 73% Fuchsstuten. Heute nun sind die Füchse bei weitem in der Überzahl. Es gibt nur noch wenige Braunpferde und eine Schimmelfamilie. Die große Einheitlichkeit, die heute die Schwarzwälder Kaltblutpferdezucht prägt, entstammt der starken Schrumpfung der Pferdebestände nach dem zweiten Weltkrieg bis hin zum Jahr 1973, dem absoluten Tiefpunkt der Schwarzwälder Kaltblutpferdezucht.

Über die Kaltblutzahlen im Schwarzwald zu Beginn des Jahrhunderts und bis in das Dritte Reich hinein ist uns wenig bekannt. Eine Rassezählung veranstaltete das neue Badische Pferdestammbuch, das 1935 aus den verschiedenen badischen Pferdezuchtgenossenschaften zusammengeschlossen und 1936 dem Reichsnährstand angegliedert worden war. Zu Beginn des Jahres 1937 waren 454 Schwarzwälder Stuten ins Vorbuch, 67 ins Stammbuch und nur 16 ins Hauptstammbuch eingetragen gewesen. Nach dem 2. Weltkrieg wurden trotz der Reparationsentnahmen wieder 1.234 Stuten eingetragen. Demnach hatte sich die Schwarzwälder Kaltblutzucht in den Vorkriegs- und Kriegsjahren sehr stark vermehrt.

Jedoch begann der Niedergang der Schwarzwälder Zucht sehr rasch, unterschritt 1950 die Zahl von 1000 eingetragenen Stuten und wies 1973 noch 187 eingetragene Stuten nach. Die Stutenbedeckung war auf 103 gesunken, nachdem 1948 noch 1322 Stuten bedeckt worden waren. Die Zahl der aufgestellten Schwarzwälder Hengste war auf 4 gesunken, dazu der Noriker Hengst Reith-Nero. Die Zahl der registrierten Fohlen erreichte seinen Tiefpunkt mit 10 Hengsten und zwanzig Stuten (Tabelle). Danach nahmen zwar die Stutenzahlen noch bis 1977 auf 159 eingetragene Stuten ab, aber die Fohlenzahlen begannen wieder zu steigen, eine Nachzucht war wieder gesichert. Im Jahre 2005 gab es wieder 873 Stuten und 54 Hengste. Einer der Gründe für die Sicherung der Schwarzwälder Kaltblutzucht war der Einsatz von staatlichen Fördermitteln in Form von Zuchterhaltungsprämien für Stuten und Fohlenaufzuchtprämien.

Beschreibung und Zuchtziel

Das Schwarzwälder Kaltblutpferd wird wegen seiner mittlerweile weit überwiegenden Fuchsfarbe auch Schwarzwälder Fuchs oder nach dem Hauptort seiner Zuchtgeschichte St. Märgener Fuchs genannt. Oder kurz der „(Schwarz-) Wälder". Der Schwarzwälder ist heute ein vielseitig verwendbares Pferd mit besten Zugeigenschaften und guter Fahreignung. Aber auch die Reiteignung wird immer wieder gelobt, ja brachte diese Pferde schon zum Einsatz als spezielle Therapiepferde. Leistungsprüfungen und Teilnahmen am Internationalen Zugpferdechampionat in Paris haben immer wieder das gewaltige Leistungspotential dieser „kleinen" bis mittelrahmigen Kaltblütern bewiesen. Der Einsatz als Kutsch- und Wagenpferd ist heute existenzsichernd. Land- und Forstwirtschaft, vermehrt aber auch Fahrer und Reiter in der Freizeit fragen dieses Pferd nach für Planwagen-, Kutsch- und Schlittenfahrten.

Der Rahmen der Pferde ist bestimmt durch ca. 148-156 cm Widerristhöhe bei den Stuten, dazu das Gewicht von ca. 600 kg Gewicht (540-670), bei den Hengsten ca. 152-160 cm Widerristhöhe und 650 kg Gewicht.

Obwohl in der Vergangenheit der mittlere Fuchs, auch mit Stichelhaaren, dazu hell abgesetzte Mähne, die Wunschfarbe war, verschiebt sich die Beliebtheitsskala immer mehr zu den Dunkelfüchsen mit hellem Langhaar. Diese Entwicklung wird aber auch von außen, durch die Kaufwünsche verstärkt. Dabei sollen Farbe, besonders Schönheit den Wert unserer Pferde unterstützen. Aber den echten Wert dieser Pferde machen Gutmütigkeit, schwungvolle, raumgreifende Bewegungen, Zugstärke, Robustheit und Härte, Langlebigkeit und eine gute Gesundheit aus.

Die weitere Formbeschreibung des Zuchtziels:

Zuchtgebiet und Verbreitung

Das Kerngebiet der Zucht ist nach wie vor der Schwarzwald vom Kinzigtal bis zum Schluchsee. Aber im Nordschwarzwald, am Bodensee, auf der Schwäbischen Alb sind gute Zuchtstätten zu finden. Ca. 470 Stuten und 16 Hengste stehen in Baden-Württemberg in der Zucht. In den letzten 15 Jahren kamen Schwarzwälder Pferde auch nach Hessen, Rheinland-Pfalz, Westfalen und Niedersachen und begründeten dort Zuchtinseln. Heute gibt es wohl kein Bundesland, indem nicht ein Interessent oder Halter dieser Rasse wohnte. Selbst in Amerika gibt es schon diese Pferde.

Schauen und Leistungsprüfungen

Schwarzwälder Pferde der Mitglieder des Verbandes können auf den Verbandsschauen präsentiert und prämiert werden. Stuten dürfen ab dem 3. Lebensjahr vorgestellt werden. Sie können Staatspreise des Landes oder Verbandspreise erringen. Dabei können beste leistungsgeprüfte Stuten vom Land Baden-Württemberg die Staatsprämie zuerkannt bekommen. Hengste können auf Hengstschauen bei überdurchschnittlicher Vererbung oder herausragenden Leistungen zu Prämienhengsten oder gar Elitehengsten ausgewählt werden. Die Schau der Rasse ist das „Roßfest" in St. Märgen, daß alle drei Jahre am zweiten Sonntag im September stattfindet, nach 1995 wieder 1998 usw., es findet im Rahmen eines großen Schwarzwälder Heimatfestes statt.

Hengste und Stuten werden in Feldprüfungen im Ziehen und Fahren geprüft entsprechend der tierzuchtrechtlichen Bestimmungen. Jährlich treten ca. 2-3 Hengste und 30-40 Stuten zu 2 Prüfungen an, die beim Haupt- und Landgestüt Marbach im Schwarzwald durchgeführt werden.

Das Zuchtprogramm

Nach dem Tiefpunkt der Zucht 1973 wurde die Rasse wieder aufgebaut aus den gebliebenen reinen Stuten, den Hengsten der D- und M-Linie und unter Verwendung der beiden Noriker Reith-Nero und Wirts-Diamant. Alle Hengste der letzten 20 Jahre entstammen dieser Zuchtgrundlage. Wegen der Sorge um Inzuchtgefahren wurde nach 1978 ein Zuchtversuch mit Freiberger Hengsten begonnen, aber schon in der F1- Stufe wieder abgebrochen. Der Pferdezuchtverband und die Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft arbeiten derzeit in einem kleinen, geschlossenen Zuchtversuch an der möglichen Linienerweiterung im Hengstbestand.

Ansonsten wird die Population rein weitergezüchtet. Auf Fohlenschauen beginnt die Hengstnachzuchtbewertung und findet die Selektion der Hengstanwärter statt. Zuchtbuchaufnahme ab dem Alter von drei Jahren. Es werden Hauptstammbuch, Stammbuch und Vorbuch I und II geführt.

Leistungsgeprüfte Stuten können zu Staatsprämienstuten, als Hengstmütter ausgewählt werden. Hengste können auf Hengstschauen zu Prämien- oder Elitehengsten ausgewählt werden. Hengste können im 3. Lebensjahr zur Verbandskörung vorgestellt werden. Zur Eintragung in Hengstbuch II müssen Hengste wenigstens bei der ersten Musterung vorgestellt werden, für Hengstbuch I müssen Sie die 2. Musterung (Körung) mit der Gesamtnote 7,0 und besser bestanden haben und die Leistungsprüfung mit 6,5 und besser ablegen. Für Hengstbuch I und das Hauptstammbuch werden 4 nachgewiesene Abstammungsgenerationen verlangt.

Es besteht eine staatliche Hengsthaltung beim Haupt- und Landgestüt Marbach mit 12 Schwarzwälder Hengsten auf 9 Beschälstationen, dazu das Angebot von künstlicher Besamung. Auf vier privaten Platten sehen vier weitere Hengste zur Verfügung.

Zuchtverband und Zuchtgenossenschaft

Seit Gründung der Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft 1896 sind in der Organisationsstruktur dieser Zucht viele Änderungen zu verzeichnen. Geblieben sind die Bezirksvereine im Schwarzwald, in denen sich die Züchter auf der regionalen Ebene zusammengeschlossen haben. Nach dem Zusammenschluß zum Badischen Pferdestammbuch in Karlsruhe 1935 und einer Neugründung in der französisch besetzten Zone 1947 mit Sitz in Neustadt im Schwarzwald wurde 1978 der Pferdezuchtverband Baden-Württemberg aus den drei Zuchtverbänden des Landes gegründet. Dieser beließ bis zum 31.12.1994 drei Geschäftsstellen an den Geschäftsorten der ehemaligen Verbände.

Im Zuge der Zentralisierung der Verbandsgeschäfte haben sich die Schwarzwälder Kaltblutzüchter zu einer Interessenvertretung innerhalb des Verbandes zusammengeschlossen und die Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft e.V. gegründet.

Deren Vorsitzender ist Helmut Faller, Bächleweg 2, 79274 St. Märgen, Tel.: 07669-689

Vermarktung

Ein Pferdeverkauf von Jährlingen und älteren Pferden organisiert die Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft jährlich am Josefstag, 19.März, sofern der auf einen Sonntag fällt, einen Tag vorher.

Fohlen können bei den beiden im August stattfindenden Fohlenschauen in St. Märgen und Waldkirch-Kohlenbach erworben werden. Ein Fohlenmarkt findet für die Rasse derzeit nicht statt.


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