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Schwerpunkt - Pferde


Der Pfälzer Ardenner - ein Memorandum für eine Kaltblutrasse


Mathias Vogt, Uslar

Pfälzer-Ardenner

Zuchtgeschichte

Ende des 19. Jahrhunderts wurden, wie in fast allen Gebieten Deutschlands im Rahmen intensiverer Produktion in Landwirtschaft und Industrie, auch in der West- und Vorderpfalz sowie Rheinhessen schwere Arbeitspferde benötigt. Die dort vorhandenen futterwüchsigeren Böden erlaubten die Haltung von Kaltblutpferden, die höhere Anforderungen an das Futter stellten. Zu dieser Zeit stellten Privathengsthalter Ardenner aus Lothringen sowie Percherons, Belgier und Luxemburger als Beschäler auf. 1896 erfolgte die Gründung der ersten pfälzischen Kaltblutgenossenschaft in der Südpfalz. Hier wurden überwiegend Hengste rheinischer bzw. belgischer Abstammung gehalten. Auf Grund nicht genügender Qualität der im Lande selbst gezogenen Hengste standen öffentliche Mittel zum Ankauf von Hengsten aus auswärtigen Zuchtgebieten zur Verfügung. 1906 beschloss der Pferdezuchtverein der Pfalz in seinem Stutbuch eine gesonderte Abteilung für den schweren Arbeitsschlag - das rheinisch-deutsche Kaltblut - zur Förderung der Reinzucht einzurichten. Die Stuten waren unterschiedlicher Herkunft (Belgien, Holland, Lothringen, Rheinland) und insgesamt von sehr unausgeglichener Qualität. Der erste Weltkrieg brachte Verluste von 20% der Zuchtgrundlage. 1918 standen auf 8 Beschälplatten 15 private Hengste, die 1306 Stuten deckten. Der bayerische Staat stellte nun auch dem Landgestüt Zweibrücken, für das er damals zuständig war, sog. Oberländer (leichter Kaltblüter auf Norikergrundlage) zur Verfügung, die auf einigen staatlichen Stationen zur Aufstellung kamen. Für 1930 wurden vom Verband 170 eingetragene Kaltblutstuten angegeben, 1936 waren es 350 bei 300 Mitgliedern. Im Vergleich dazu hatte das Rheinland im Jahr 1934 die Anzahl von 6192 Stuten.

Im zweiten Weltkrieg kamen aus dem angrenzenden Lothringen, das damals mit der Saarpfalz zum Gau Westmark vereinigt und damit pferdezüchterisch verbunden war, zahlreiche Stuten des dort gezüchteten Kaltblutschlages, des sog. Ardenners in die Pfalz; auch wurden im Landgestüt Ardennerhengste aufgestellt, womit der Grundstein für eine neue Zucht gelegt wurde. Die Pferde im Typ des "Pfälzer Ardenner" erhielten als Kennzeichnung das PA unter einer Krone.

Typgerechte Ardennerstuten wurden auch nach 1945 aus Frankreich in die Pfalz importiert. Die Zuchtarbeit der nächsten Jahre richtete sich auf ein bodenständiges Kaltblut in der Pfalz im klaren Typ eines Ardenners. Hier wurden in relativ kurzer Zeit beachtliche Fortschritte und Erfolge erzielt, die besonders mit dem Hengst "Gabardin" deutlich wurden, der 1962 in Konkurrenz mit den großen Kaltblutzuchtgebieten mit wesentlich längerer Zucht, zum DLG-Sieger gekürt wurde.

Zwischen 1946 und 1959 standen in Zweibrücken zwischen 12 und 15 Pfalz-Ardenner-Hengste, die anfangs noch über 1000 Stuten deckten. In Privat- bzw Genossenschaftshaltung war etwa die gleiche Anzahl Beschäler im Einsatz. Aber bereits 1958 waren nur noch 158 Stuten beim Verband eingetragen. Die Motorisierungwelle rollte, und 1971 verließ der letzte Kaltbluthengst das Landgestüt Zweibrücken. Zu Beginn der 80er Jahre waren beim Verband noch 17 Stuten und 3 Hengste in Privathand eingetragen.

Ein leichter Auftrieb der Kaltblutzucht im gesamten Bundesgebiet fand sich im Lauf der 80er Jahre auch in der Kaltblutzucht der fusionierten Pferdezuchtverbände Rheinland-Pfalz und Saarland wieder. Die schon immer sehr kleine Population der qualitätsvollen ursprünglichen Pfalz-Ardenner ist dabei leider weiter reduziert worden, und es gibt auch kein Vatertier mehr, das sich auf diese Blutlinien zurückführen läßt. Der letzte Beschäler mit Pfalz-Ardenner-Abstammung war der Hengst Tango. Die überwiegende Mehrheit (über 90%) der heute etwa 100 Stuten remontiert sich aus verschiedenen Rassen Deutschlands und auch Frankreichs.

Rassetypische Merkmale und Leistung

Der Pfälzer Ardenner ist ein leichter Kaltblüter, der vom Rahmen her an der unteren Grenze des Süddeutschen Kaltblüters anzusetzen ist. Die Widerristhöhe liegt um 160 cm. Kennzeichen sind Rumpftiefe und die damit verbundene Futterdankbarkeit, ein trockenes, hartes Fundament mit klaren Gelenken sowie betonter Kaltblutadel. Ausdauer und Schwung in der Bewegung, Nerv und Arbeitswille, ein im Gegensatz zu vielen anderen Kaltblutrassen eher feines Langhaar, sowie in erster Linie die Farben braun und die verschiedenen Schimmelschattierungen zeichnen diesen kompakten Kaltblüter aus. Seine Leistungen bringt der Pfalz-Ardenner in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und vermehrt im Bereich Freizeit. Die Zugleistung steht dabei an erster Stelle.

Derzeitige Situation und Ausblick

Der Bestand dieser relativ jungen Rasse ist mit 3 reinrassigen Stuten und einigen Kreuzungsstuten sehr gering. Die überwiegende Mehrzahl der heute in Rheinland-Pfalz-Saar vorhandenen Kaltblüter stammt aus anderen Zuchten, die nicht die ursprünglichen Blutlinien vertreten. Nur ein sehr intensives Erhaltungsprogramm mit Rückgriff auf geeignete Ardenner-Hengste aus Frankreich bzw. Belgien könnte den Pfälzer Ardenner erhalten. Die derzeitige Situation in der Pferdezucht und fehlende Aussichten auf Erhaltungsmaßnahmen haben zur Konsequenz bedeuten, daß die letzten Exemplare des ursprünglichen Pfälzer Ardenners in den nächsten Jahren verschwunden sein werden.


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