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Schwerpunkt - Pferde


Arbeiten mit Pferden


Erich Degreif und Iris Weiland

Im Bezug auf Treibstoff-Verbrauch ist das Pferd wohl so ziemlich das Modernste, was momentan „auf dem Markt" ist. Es verbraucht nur nachwachsende Rohstoffe und ist absolut schadstoffrei! Dieser Aussage von Gudrun Rademacher in ihrem Artikel „Pflügen im Wald" in der Zeitschrift DAS ZUGPFERD ist nichts mehr hinzuzufügen.

Außer in der Land- und Forstwirtschaft kann das Kaltblutpferd oder das schwere Warmblut je nach Kaliber und Gangvermögen vielseitig Verwendung finden, z.B. im Gartenbau oder in Baumschulen. Ideal als Gespannpferd vor Planwagen und Kutschen, nicht zu vergessen vor den Prunkgespannen der zahlreichen Brauereien, erfreut es als Reit- und Fahrpferd vor allem die nicht turniersportlich engagierten Pferdefreunde.

Arbeiten im Wald

Schon lange darf sich der Schlepper nicht mehr in jedem Waldgebiet blicken lassen. Die Auflagen einiger Forstämter, boden- und bestandschonend zu arbeiten, hat in den letzten Jahren in immer stärker werdendem Maße Kaltblutpferdegespanne in den Wald geholt.

Trotz eindeutiger Argumente für die Pferdearbeit im Wald setzen zwar noch die Mehrzahl der Förstereien auf Maschineneinsatz, der zumeist breite Waldwege und sichtbare Schäden an Beständen und Böden hinterläßt, es scheint jedoch nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Großtechnik auf das unbedingt nötige Maß beschränken wird.

Gerade zur Vermeidung von Bodenschäden erweist sich das Pferd, das nur etwa ein Fünftel eines voll ausgerüsteten Schleppers wiegt, schon allein aufgrund seines geringen Gewichts von Vorteil. Zwar verursacht der Tritt der Pferde einen doppelt so hohen Bodendruck wie das Schlepperrad (10 kg gegenüber 5 kg pro qcm), tatsächlich entstehen durch die Hufeindrücke jedoch keine breitflächigen Oberbodenverdichtungen oder durch Radschlupf verursachte Bodenverletzungen. Lediglich kleinflächige Bodenverdichtungen entstehen hierbei, welche leicht durch die in den angrenzenden Flächen vorhandenen Mikroorganismen regeneriert werden können.

Die Durchforstungsmaßnahmen im schwachen und mittelstarken Holz sind das häufigste Einsatzgebiet von Pferden. Um rentabel zu arbeiten ist ein Mindestvolumen von 400 bis 600 Einsatzstunden erforderlich, bei einer durchschnittlichen Leistung von 3,5 Festmetern pro Stunde bzw. einem Arbeitsvolumen von 2000 Festmetern im Jahr. Auch das Pflügen im Wald sowie die Saat- und Pflanzbettbereitung können waldschonend an empfindlichen Standorten mit dem Pferd durchgeführt werden.

Pferde sind auch in schwierigem Gelände durch ihre Trittsicherheit einsetzbar, sind wendig und schädigen bei gekonntem Umgang den bestehenden Baumbestand nicht.

Arbeiten in der Landwirtschaft

Die klassische Nutzung der schweren Warmblüter oder der Kaltblüter lag in ihrem Einsatz auf den landwirtschaftlichen Betrieben vor allem als Zugtiere. Jegliche Bodenbearbeitung, vom Pflügen über das Eggen, das Häufeln der Kartoffeln, das Pflanzen und Säen, das Düngen, das Dreschen und Heuen, konnte mit pferdegezogenen Maschinen durchgeführt werden.

Wo die Arbeitskraft eines Pferdes nicht ausreichte, wurden Gespanne mit bis zu sechs Pferden eingesetzt. Dies erforderte von dem Gespannführer und den Pferden ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit und Geschick. Pferde mit guten Charaktereigenschaften wie Arbeitswilligkeit, Gutmütigkeit und „Mitdenken" waren sehr gefragt.

Heute werden vor allem auf biologisch wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betrieben vereinzelt wieder bestimmte Arbeiten mit dem Pferd verrichtet. Auf einigen Betrieben wird sogar gänzlich auf den Traktor verzichtet.

Der Schritt hin zum Pferd bedeutet auch in der Landwirtschaft nicht einen Schritt zurück, sondern mittels der umfangreichen, vor allem in Amerika neu entwickelten Technik für das Arbeiten mit dem Pferd, ein Schritt zu neuen Möglichkeiten langfristig wirtschaftlich und ökologisch Nahrung zu erzeugen.

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Einsparung von Diesel durch die Pferdearbeit

Eine an der Universität Hohenheim erstellte Diplomarbeit beschreibt einen Vergleich von Traktor- und Zugpferdeeinsatz in der Landwirtschaft auf der Basis des Verbrauchs bzw. der Einsparung von Rohöl bezogen auf einen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche..

Danach lassen sich rund 2.123 Liter Rohöl pro eingesetztem mittelschwerem Arbeitspferd einsparen, auf der Grundlage des bereits in den 50er Jahren als Richtwert dienenden Leistungsvermögens von 8,25 Hektar bearbeiteten Fläche pro Pferd, bei einer Futterfläche von 0,72 ha. Bei schweren Zugpferden läßt sich der Wert aufgrund des höheren Leistungsvermögens noch um den Faktor 1,2 erhöhen. In dieser Berechnung ist der Düngerwert des Pferdemistes als Einsparung von Kunstdünger mit 150 Litern Öl enthalten. Zusätzlich spart ein Pferd 185 Liter Rohöl in Form indirekter Energie ein, das heißt in diesem Zusammenhang Energie, die zum Bau von Traktoren benötigt würde. Der Vergleich beruht zudem auf der Leistungsfähigkeit von Pferdemaschinen auf dem technischen Stand der 50er Jahre.

Zieht man die Reproduktionsleistung der Tiere in Form von Fohlen und die Tatsache, daß ihre Ernährung zum großen Teil auf landwirtschaftlich uninteressanten Flächen (Landschaftspflege) sichergestellt werden kann, verbessert sich die o.g. Rechnung nochmal zusätzlich zugunsten des Arbeitseinsatzes von Pferden.

Kutschfahrten mit Kaltblütern

Als touristische Attraktion für den Fremdenverkehr werden in viele Gemeinden Kutschfahrten angeboten. Die Gegend auf dem Planwagen zu erkunden, fröhliche Betriebs- und Kindergartenausflüge bedeuten eine Bereicherung des Freizeitangebotes. Als Ergänzung zur Waldarbeit bieten sich diese Ausflüge in den Sommermonaten als ein willkommenes Zubrot für den Pferdehalter an.

Einige Anbieter organisieren auch Planwagenausflüge als Urlaubsangebot über mehrere Tage. Auch die Hochzeitskutsche, die das Brautpaar von der Kirche abholt, ist wieder salonfähig geworden.

Zugpferde im Kommunaleinsatz

Einsatzmöglichkeiten eines Gespanns ergeben sich überall da, wo es auf schnellen Transport bzw. Fahrleistung als solche nicht ankommt; also bei einem Großteil der kommunalen Arbeiten. Typische Einsatzbereiche wären etwa bei der Straßenreinigung (Blätter entfernen, Papierkörbe leeren, Abfall sammeln, Leitpfosten säubern und richten, Verkehrszeichen reinigen und richten), bei der Baum- und Blumenpflege (Baumscheiben pflegen, Bäume und Blumen bewässern), sowie der Pflege von Grünanlagen (Wege im Kurpark abschleppen, Einsatz bei der Waldpflege im Kurpark, Bänke säubern).Praktische Vergleiche beim Blumen- und Baumscheibengießen haben bereits ergeben, daß sich Gespanne auch leistungsmäßig durchaus mit Spezialmaschinen messen können.

Der Einsatz eines solchen Gespannes erfordert die Betrachtung von Gesichtspunkten wie Kostenrechnung und Vertragsgestaltung, Umweltschutzüberlegungen und die Attraktion für Touristen und somit der Förderung des Fremdenverkehrs.

Abgesehen von der vergleichbaren Arbeitsleistung des Pferdegespannes in diesem kommunalen Einsatz ist die Wirkung auf die Bevölkerung nicht in Zahlen ausdrückbar. Die Magnetwirkung des Gespannes auf Touristen sowie der beruhigende und „Natur in die Stadt bringende" Anblick bildete ein belebendes Element für die Friedrichshafener BürgerInnen.

Alte Pferderassen bieten sich an

Ein gutmütiges, kräftiges, gesundes und arbeitswilliges Pferd war in den Zeiten, bevor der Schlepper auf den landwirtschaftlichen Betrieben Einzug hielt, ein Segen für jeden Landwirt. Je nach Einsatzschwerpunkt und Region entstanden über die Jahrhunderte entweder kleinrahmige und leichtere Kaltblutrassen oder mittel- bis großrahmige schwerere Typen. „Die unterschiedlichen Typen waren häufig das Ergebnis verschiedener Bodenverhältnisse. Schwerer Marschboden konnte am besten mit schweren Kaltblutpferden bearbeitet werden, bei leichtem Sandboden genügten Warmblutpferde, die Bewirtschaftung von Hängen im Gebirge erforderte ein kleines, wendigeres Pferd". Nachdem die Motorisierung nach dem zweiten Weltkrieg die Haltung und Zucht von Arbeitspferden sinnlos erscheinen ließ, ging die Ausrichtung der Zucht mehr in Richtung Freizeitnutzung und damit zu leichteren, eleganteren Typen. Schwere Rassen wurden nur noch von wenigen gehalten und gezüchtet. Heute zählen alle deutschen Kaltblüter und schweren Warmblutrassen zu den gefährdeten Nutztierrassen. Angesichts einer schon jetzt absehbaren Renaissance des Einsatzes von Pferden in Forst- und Landwirtschaft sowie in kommunalem und touristischem Einsatz erscheint die Erhaltung und gezielte Zucht dieser alten Rassen eine vordringliche Aufgabe.


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